Fernsprecher - Bauteile: Kondensator

Der Kondensator wird seit etwa 80 Jahren unverändert gebaut, obwohl heutzutage ein Kondensator mit einer Kapazität von 1 µF und einer Festigkeit von 250 Volt Gleichspannung schon in Größe eines Fingerhuts gebaut werden kann. Geprüft wurden die Kondensatoren übrigens früher mit 650 Volt.

Kondensator im W19 Bj. 1926
Kondensator im W28 Bj. 1930
Kondensator im W48 Bj. 1958

Funktion:

Der Kondensator trennt den Wecker (die Klingel) galvanisch von der Anschlussleitung. Ein Kondensator ist ein passives Bauelement, welches nur Wechselstrom durchlässt, Gleichstrom hingegen nicht. Üblicherweise liegt an einer Telefonleitung 60 Volt (48 Volt) Gleichspannung an. Wenn jedoch ein Anruf kommt, sendet das Amt (ehemals die Rufsignalmaschine) einen Wechselspannungsimpuls (10 Hz) von einer Sekunde Dauer. Diese Wechselspannung lässt einen Strom durch den Kondensator und den Wecker fließen und diesen klingeln. Früher (in analogen Ämtern u.a. der Systeme 27 und 50) klingelte es alle 10 Sekunden, heute klingelt es alle 5 Sekunden.
Dass der Hörer abgehoben ist, erkennt das Amt daran, daß ein Strom fließt (ca. 50 mA). Im aufgelegten Zustand fließt kein Strom durch das Telefon. Würde der Kondensator defekt sein (üblicherweise einen Kurzschluss haben), so würde ständig ein Strom über den Wecker fließen und man könnte nicht auflegen und auch nicht mehr angerufen werden.

Trick:

Wie eben beschrieben ist ein Kurzschluss der typische Defekt bei einem derartigen Kondensator. Diese Kondensatoren bestehen aus aufgewickelten Folien. Je zwei Alufolien liegen parallel zueinander, getrennt durch ein nichtleitende Schicht - dem Dielektrikum. Bei Überspannungen (Blitzschlag) oder Materialermüdung kann es zu so genannten Überschlägen kommen. Im ungünstigsten Fall wird dann an einer Stelle das Dielektrikum weggebrannt und die beiden Folien berühren sich - ein Kurzschluss. Auf Grund der soliden Bauweise kann jedoch der Kondensator repariert werden, indem man ihn an eine Autobatterie anschließt. Deren niedrige Spannung von ca. 12 Volt richtet keinen Schaden an, der hohe Kurzschlussstrom jedoch brennt die Alufolie an der beschädigten Stelle weg. Damit hat der Kondensator zwar eine kleine Beschädigung, ist jedoch wieder zu 99% funktionsfähig. So erspart man sich die Suche nach einem gleichalten Kondensator - denn ein Sammler würde ja keinen neuen einbauen wollen. Das wäre Pfusch!

Auf dem Kondensator ist üblicherweise dessen Baujahr aufgedruckt (4.30 = April 1930). Sofern der Kondensator noch original ist, kann man daran auch das Baujahr des Fernsprechers ablesen.

Übrigens:

Haben Sie sich schon immer gefragt, was der Unterschied zwischen einem Telefon / Telefon(apparat), einem Fernsprecher oder einem Fernsprechendgerät ist? Ganz einfach: Es gibt keinen. Der Begriff Telefon wird aus zwei lateinischen Silben gebildet und heiß wörtlich übersetzt Fern-Klang. Den Begriff Fernsprecher führte Generalpostmeister Heinrich Stephan in Deutschland ein. Und ein Fernsprechendgerät? Na ja, Endgerät, weil es das letzte Gerät an der Leitung - also beim Teilnehmer - ist. Die Vermittlungstechnik im Amt (also die "Anfangsgeräte") bleiben den meisten Leuten jedoch verborgen.

Copyright: Matthias Maetsch, Berlin